Geschenke ablehnen
Refusing: Geschenke nicht annehmen - ist das ok?
Kaum zu glauben, dass wir mit der ersten Grundregel von Zero Waste die meisten Probleme haben: Refusing – ablehnen.
Wir lehnen ab und bekommen trotzdem Müll.
Das meiste, was an Müll ins Haus kommt, kommt von außen, durch andere.
Vorweg: Unser Umfeld kennt unseren Entschluss, müllfrei leben zu wollen, wozu unter Anderem Verpackungen und eben auch nahezu alle Plastiksachen zählen.
Auf unserem Postkasten prankt beispielsweise ein dicker Aufkleber mit der Aufschrift: „Bitte keine Werbung und unadressierte Wurfsendungen“.
Trotzdem: Im Postkasten landet immer wieder Werbung. Es wird sich einfach darüber hinweggesetzt. Scheinbar sind die Austräger einfach nur froh, „ihren Müll“ in unserem Postkasten entsorgt zu haben. Hin und wieder haben wir jemanden beim Einwerfen angetroffen und freundlich auf unseren Aufkleber hingewiesen. Der ist groß und gut sichtbar. In allen Fällen wurde er „übersehen“. Wir lassen das mal unkommentiert. Aber immerhin, diese Postboten haben nicht mehr eingeworfen. Doch die wechseln ständig.
Leichter ist es die Werbeflyer, die einem in der Stadt gerne zugesteckt werden, zu unterbinden. Das haben wir früher schon gemacht und klappt auch weiterhin gut.
Auch in unseren Beutel stecken die meisten keine Werbeflyer mehr so einfach. Wir nehmen ja keine Plastiktüte, die von den Geschäften oft schon im Vorhinein mit Werbeflyern bestückt sind, sondern bringen unsere eigenen Taschen mit. Respektvollerweise wird meist vorher gefragt, ob man uns Werbung beilegen dürfe und falls nicht, kann man auch da intervenieren.
Manchmal bekommt man ungefragt an der Kasse Sticker für die Kinder beigelegt oder Sammelpunkteaufkleber, für die man sich beispielsweise einen Kochtopf aussuchen kann. Auch die Apotheke schenkt gerne einzeln verpackte Traubenzucker für die Kinder, dazu eine Packung in Plastik verpackte Taschentücher. An sich ist das eine nett gemeinte Geste.
Nicht immer haben wir Lust auf eine Erklärung, die meist fällig ist. Meist schauen einen die Verkäufer samt weiteren Kunden im Laden irritiert bis empört an, wenn man die Mitgebsel ablehnt.
„Auch nicht für die Kinder?“ kam nicht nur einmal die Frage. Klar, dann erklärt man, weshalb man darauf verzichten möchte. Manche akzeptieren das. Vielleicht, weil sie sich nicht weiter damit befassen wollen oder vielleicht auch, weil sie es nachvollziehbar finden.
Wir haben auch den Einwand gehört, dass die Traubenzucker aus hygienischen Gründen nicht lose verschenkt werden könnte. Wenn jedes Kind mit der Hand in eine Schüssel Bonbons fassen würde, dann hätte man eine Menge Keime zusammen. Besonders dann, wenn man bedenkt, dass viele in die Apotheke gehen, um Medizin zu kaufen, weil sie krank sind.
Aber der Punkt ist nicht, dass wir die Sachen lose wollen, sondern dass wir sie gar nicht wollen.
Ohne Frage, die Kinder gehen gerne in Geschäfte, in denen sie Süßigkeiten bekommen. Das ist Kundenbindung schon bei den Kleinsten. Und bei kleinen Einkaufsmuffeln ein Lockmittel für die Wutanfall geplagten Eltern.
Ist es also ok, ein Geschenk für die eigenen Kinder abzulehnen? Die Kinder gehen dann lieber einkaufen...die Kinder mögen gerne Traubenzucker...und Taschentücher kann ja jeder brauchen...Darf man ein Geschenk im Namen der Kinder ablehnen?
Mittlerweile sagen wir: es ist ok.
Ein klares „Ja“ haben wir anfangs bei Stickern und kleinen Plastikspielsachen gegeben. Immerhin können die ja Schadstoffe enthalten. Das hat mehr mit Gesundheit zu tun als mit unserem Zero Waste Lebensstil.
Eigentlich greift das auch für lebensmitteltaugliche, also weniger Schadstoff belastete, Verpackungen, in denen beispielsweise Bonbons verschenkt werden.
Aber schneidet man sich damit nicht selbst ins Fleisch? Die Kinder machen nicht so viel Theater beim Einkaufen, wenn ihnen hinterher eine Belohnung in Aussicht gestellt wird. Wäre es eine Option, Süßigkeiten selbst als Belohnung mitzunehmen?
Aber ist es nicht lächerlich, die Kinder mit Süßigkeiten zum Einkaufen zu locken? Gibt es da nicht andere Möglichkeiten? Wir meinen, es gibt sie.
Das Problem erübrigte sich, als wir unsere Einkaufsgewohnheiten umstellten. Höchstens einmal pro Woche (oft auch weniger) müssen wir nun einkaufen gehen und plötzlich wollen sie gerne mit!
Waren die Kinder früher das Einkaufen über, weil es zwei bis dreimal die Woche auf der Tagesordnung stand?
Sicher ein Grund. Der zweite ist, dass wir vielleicht ein bis zweimal im Monat in einen herkömmlichen Supermarkt müssen. Und dann geht es dort auch recht schnell, weil wir dort keine Großeinkäufe mehr machen müssen und nun gezielt mit Einkaufsliste durch die Gänge gehen. Bummeln und zeitverschwendendes Herumschauen sparen wir uns. Da kauft man nur Dinge, die man nicht wirklich braucht. Alles was man braucht, steht nämlich auf der Liste.
Außerdem werden sie nun aktiver beim Einkaufen eingebunden. Im Supermarkt bekommen sie Aufgaben (Lebensmittel suchen, wiegen etc) und in manchen von uns neu entdeckten Geschäften, gibt es ganz andere Attraktionen: Das Getreide mahlen, die Maschinen anschauen, die Schafe füttern, das Schaukelpferd etc. Nachdem wir nun nicht mehr so oft einkaufen gehen, finden sie es auch mal ganz spannend mitzukommen.
Mittlerweile bekommen wir beim Einkaufen selten verpackte Sachen als Geschenk angeboten. Meistens sind es ein Apfel oder auch mal eine Scheibe Wurst. Die anderen Sachen lehnen wir ab oder bekommen sie schon gar nicht mehr angeboten, weil die Verkäufer es mittlerweile wissen.
Im Alltag haben wir aber drei knifflige Situationen, bei denen wir noch keine 100% zufrieden stellende Lösung haben.
Situation eins:
Die Kinder gehen nicht gerne zum Kinderarzt. Lockmittel: Hinterher bekommen sie immer etwas geschenkt: ein Pastikpferdchen, ein Ring oder einen Luftballon. Sie wissen, dass sie dort etwas bekommen und warten schon darauf. Einmal wurde es vergessen und unsere Tochter war wütend und enttäuscht. Es ist ja nicht so, dass sie diese Dinge wirklich will. Sie hat davon einige und nimmt sie nicht her.
Es ist also Verschwendung. Was macht man? Den Kinderarzt bitten, nichts anzubieten? Soll man als Alternative eine andere Belohnung (auch etwas nicht Materielles wie Spielplatz) in Aussicht stellen und es dem Kind stattdessen schenken? Oder fährt man die härtere Tour, entsagt dem Konsum und spricht dem Kind das Recht ab, ein Geschenk anzunehmen?
Situation zwei: die Bücherei:
Nachdem die Kinder die Bücher ausgeliehen haben, bekamen sie immer einen Keks oder ein abgepacktes Bonbon. Den Keks dürfen sie sich aus einer Plastikschale nehmen und beim Bonbon dürfen sie die Verpackung wieder an die nette Dame an der Rezeption geben.
Zugegeben, wir haben den Müll nicht zu hause, aber ist es nicht trotzdem Verschwendung? Unsere Kinder lieben die Bücherei und es bräuchte deshalb keine Bonbons, die ja auch verpackt gekauft wurden. Es ist Müll entstanden. Wirklich zufrieden sind wir mit dem Kompromiss nicht. Ist es also schlau, das den Kindern zu verbieten, was für sie zu einer Art "Tradition" wurde, was alle anderen bekommen und wo ihnen zero waste als "gemein" in Erinnerung bleibt?
Situation drei: Geschenke von den Verwandten und Bekannten für die Kinder.
Vorweggenommen: alle wissen von unserem „Zero Waste“ - Projekt und angenommenen Lebensstil. Und viele akzeptieren unseren Lebensstil oder kupfern sogar Bereiche für ihr eigenes Leben ab, was uns natürlich sehr freut.
Trotzallem bekommen die Kinder abgepackte Süßigkeiten, Sticker, Schlüsselanhänger (obwohl sie zu klein für einen Schlüssel sind), verpackte Spielsachen, die sie gekauft haben oder selbst als Mitgebsel aufgedrückt bekamen. Es ist ja für die Kinder.
Diese nehmen die Sachen brav an. So haben wir es als Kinder auch beigebracht bekommen. Auch, wenn es dir nicht gefällt, nimm es an, sag danke und dann schmeiß es weg! Das sei höflich...Wir haben ihnen das zwar eigentlich nicht beigebracht, aber sie machen es. Die Süßigkeiten essen sie gerne, die meisten Spielsachen nehmen sie teilweise nicht einmal mit in ihr Zimmer, das wir Eltern dann wieder entrümpeln müssen.
Soll man nun zum wiederholten Mal auf den Zero Waste Lebensstil hinweisen oder ihn erklären? Darf man den Kindern diesen für die Gesellschaft noch ungewöhnlichen Lebensstil aufdrücken? Dürfen andere nicht schenken, was sie wollen? Soll man da lockerer sein und eine Ausnahme machen? Oder muss man das sogar? Dürfen wir über Geschenke anderer bestimmen? Oder soll man deutlich sagen, dass man solche Sachen nicht wünscht und das nächste Mal wieder zurückgeben?
Wie sehen Sie das? Oder haben Sie sogar eine kreative Lösung parat?
zurück zum Blog
vielleicht auch interessant:
![]() Reusing: Geschenkpapier aus alten Stoffen selbst machen |
![]() Schenke keinen Müll: vom Geschenk bis zur Verpackung |
![]() Schenken ohne Müll - schenke Zeit! Geschenkideen abseits des Konsums |